BH als Airbag gegen Gewalt

Büstenhalter für Rumänien

BH

Portraits von zwei Frauen aus dem Frauenhaus

In diesem Beitrag wird es persönlich, denn wir stellen euch zwei Frauen aus dem Frauenhaus vor, deren Geschichten uns unsere Projektpartnerin vor Ort, die Sozialarbeiterin Enikö, zugesendet hat. Die Gesichter auf dem Foto mussten wir mit einem Balken versehen, die Angst vor Erkennung ist zu gross.

27.11. Erzsebet mit BalkenDie erste Geschichte ist jene von Nadia: Nadia und ihr Mann haben sich getrennt, weil er ihr gegenüber gewalttätig geworden ist und zu seiner neuen Freundin gezogen ist. Er liess sie allerdings nicht zufrieden und belästigte sie weiterhin. Nachdem die junge Frau und ihre drei kleinen Kinder ihr Zuhause verloren hatten, schickte der Sozialdienst von Gheorgheni sie zum Frauenhaus. Hier erhalten Nadia und ihre Kinder Schutz vor dem Vater, der Nadia täglich anruft, sie beschimpft und droht, ihr und den Kindern etwas anzutun. Diese Anrufe sind eine grosse Belastung für Nadia. Da sie verständlicherweise grosse Angst hat, ihm wieder zu begegnen, braucht sie die Unterstützung des Frauenhauses. Enikö meint, dass die Zukunft der Familie noch ungewiss ist, allerdings werden sie hier mit allem Nötigen versorgt.

Mitte September berichtete uns Enikö von einem weiteren schockierenden Fall: Valentina und ihr einjähriger Sohn wurden mitten in der Nacht vom betrunkenen Vater angefallen. Er wurde so gewalttätig, dass Valentina aus dem Fenster springen musste, um ihm zu entkommen. Daraufhin verständigte sie die Polizei und bat sie, ihren Sohn aus dem Haus herauszuholen. Die Polizei lehnte ab, da es sich um einen familieninternen Konflikt handeln würde und sie somit nicht zuständig seien. Valentina probierte es noch bei der Ambulanz, die glücklicherweise ihren Sohn aus dem Haus holten und sie beide in das Spital fuhren. Valentina und ihr Sohn mussten einige Tage medizinisch behandelt werden. Danach wurden sie in das Frauenhaus gebracht und wurden sofort aufgenommen. Allerdings entschied sich Valentina nach ein paar Tagen, zurück zu ihrem Ehemann zu gehen. Die Reaktion der rumänischen Behörden war alles andere als angemessen: Obwohl ihr Ehemann Valentina in das Spital prügelte, erliess die Kindesschutzbehörde nur eine Entzugstherapie.

Diese Fälle zeigen vielerlei: erstens die Wichtigkeit von Frauenhäusern. Auch in der Schweiz leisten sie einen wertvollen Beitrag für Frauen und Kinder in Not. Mit dem wichtigen Unterschied zwischen den beiden Staaten: es ist schwer vorstellbar, dass in der Schweiz die Polizei einen derartigen Fall als unwichtig abtun und schlichtweg nicht reagieren würde. Auch die Strafe für Valentinas Mann wäre in der Schweiz eine andere. Hierzulande stehen bei Gewalt gegen Partner und Partnerinnen sowie gegen Kinder strafrechtliche Sanktionen auf dem Programm.  Im Falle von Valentina scheint unbegreiflich, warum sie zu ihrem Mann zurückgekehrt ist. Enikö meinte, dass immer wieder vorkommt, weil der Platz einer Frau im ländlichen Rumänien, so jedenfalls der gesellschaftliche Konsens, halt zu Hause bei Haus und Herd ist. Umso wichtiger ist es, dass den Frauen klar gemacht wird, dass sie sich wehren können und ein selbstständiges Leben möglich ist. Genau dies möchte das Projekt „BH gegen Gewalt“ erreichen.

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